Montag, 8. November 2010

Hiroshima, ein 50 Stunden Trip

"Mmh...was machen wir am Wochenende?" Eine typische Frage am Ende der Woche. Es ist Freitag morgens und wir sind gerade wieder mit unseren Fahrrädern Richtung Uni unterwegs. Bis 9 Uhr war das Bamboo-Festival in Usuki am kommenden Samstagabend der Höhepunkt. Jedoch stellte sich heraus, dass das Festival nicht Samstag sondern Sonntag statt finden würde. So erschlossen sich auf einmal Freiräume, die genutzt werden wollten. Philipp und mir kam der Gedanke auf einen Kurztrip nach Hiroshima zu unternehmen. Ohne große Vorplanung war dieser Trip beschlossen und es ging nur noch darum, wie kommen wir nach Hiroshima hin? Mit dem Bus? oder doch mit der Bahn?
Zunächst hatten wir uns für die Bahn entschieden, aber da wir beide nur Kurzzeit-Japan-Studenten sind erhielten wir keinen üblichen Studentenrabatt auf den Fahrpreis. Fazit: Bahn zu teuer :-(
Somit war der Bus also das Transportmittel fürs Wochenende. Zunächst mit dem Bus von Oita nach Fukuoka und dann mit dem Nachtbus von Fukuoka nach Hiroshima. Jedoch so einfach, wie es beschrieben ist, war es dann leider doch nicht. 
Wer kurz vorher bucht muss damit rechnen, dass nicht immer alles klappt, wie man es vorher geplant hat. Dieses ereilte uns auch. Die Nachtbusse hier in Japan haben eine Herren- und eine Damenseite. Da Philipp und ich nun einmal von Geburt an Herren sind, und die Sitze im Bus auf der Herrenseite schon vergeben waren, konnten wir leider nicht mit den Nachtbus fahren. Aber das war für uns kein Hindernis. "Wir nehmen einfach einen Bus früher, dann sind wir halt ein bißchen eher da." (geplante Ankunftzeit in Hiroshima: 3:35 Uhr) 
"Kein Problem, die Zeit bekommen wir schon überbrückt" ;-)
Vor dem 50 Stunden Trip in Oita; Philipp, Betty und Ich
So stiegen wir in den Bus nach Fukuoka und es geschah das was man eigentlich nur allzu gut von der deutschen Bahn kennt. Wir hatten Verspätung und haben den Anschlussbus nach Hiroshima verpasst.
Was nun...? Bleiben wir die Nacht in Fukuoka oder kommen wir irgendwie noch nach Hiroshima? Der einzige Bus, der noch fahren würde, konnten wir nicht nehmen und der nächste reguläre Bus würde erst am Morgen fahren. Blieb nur noch die rasanteste und kostspieligeste aller Alternativen. Der "Nozomi Shinkansen" quasi der ICE Japans. Für umgerechnet 80€ legten wir eine Strecke innerhalb einer Stunde zurück, für die der Bus 7,5 Stunden gebraucht hätte. So rauschten wir mit teilweise 300km/h durch Japan und standen unerwartet schnell in Hiroshima.
Der Shinkansen braucht 1 Stunde für die 257 Kilometer von Fukuoka nach Hiroshima
artig aufgereiht in einer Linie..

Der Plan der am Morgen noch so einleuchtend und logisch klang, mit der Übernachtung im Bus, war komplett über den Haufen geworfen. Wir hatten kein Hostel gebucht und waren hungrig. So stoffelten wir durch Hiroshima auf der Suche nach Essen und Zuflucht ;-)...
Der A-Bomb-Dome
Nach einem kurzen Zwischenstopp am A-Bomb-Dome fanden wir schließlich ein lauschiges Plätzchen um die Nacht zu überstehen. Etwas kalt aber doch kam es uns vertraut vor. Keine Luxusherberge jedoch ein Dach über den Kopf mit der Möglichkeit den kleinen Hunger schnell und effizient zu stillen. Das gute alte McDonalds 0 Sterne Hotel mit harten Schlafgelegenheiten und ohrenbetäubender lauter französischer Musik.
Die Tische sind einfach nicht für Europäer gemacht. Einfach zu klein um drauf zu schlafen...

Das ist ein Comfort-Bett...

Mit einem Mega Muffin startet es sich doch gleich besser in den Tag...
Doppelt Fleisch, Käse, Bacon, ein Spiegelei und Ketchup zwischen zwei pappigen Scheiben...mmh ;-)

Unser Hostel für eine Nacht
Die Nacht mehr oder weniger gut überstanden ging es mit einem kleinen Schlafdefizit hinaus in die morgentliche Frische. Zunächst zur Uhr, die um 8:15 Uhr mit einer Melodie an den Atombombenabwurf vom 6. August 1945 erinnert. 
Peace Memorial Museum



Danach fuhren wir erst mit der Tram zur Insel Miyajima. Diese zum Weltkulturerbe gehörene Insel ist eine der größten Touristenattraktionen Japans. Auf ihr befindet sich das bekannte vermilion torii. Der Schrein steht im Wasser und scheint bei Flut in den Wellen zu schwimmen.

Philipp und ich vor dem großen schwimmenden Schrein

Auf der ganzen Insel liefen Rehe herum, die die Taschen anknabberten
Auf der Insel gehört neben dem Schrein und einigen Tempeln auch der Mt. Misen zu den Touristenattraktionen. Der 553 Meter hohe Berg konnten wir zunächst bequem mit der Seilbahn später dann über einen kleinen anstrengenden Pfad erklimmen. Oben angekommen wurden wir mit einem weitreichenden Blick über die Küste von Hiroshima und den anliegenden Inseln belohnt.
in der Seilbahn...



Bestes Wetter auf dem Berg...
Vom Gipfel runter sind wir dann über eine Stunde gewandert..., das war schon anstrengend. Auf dem Weg, durch die gefärbten Blätter, begegneten uns immer wieder einige Touristen, die sich anscheinend das Geld für die Seilbahn sparen wollten, aber auch nicht wirklich wussten wie steil der Berg wirklich ist :-) Man durfte da schon ein wenig schmunzeln...



Unten am Ufer wieder angekommen gab es dann zur Stärkung gebratene Austern und mit der Fähre ging es wieder zurück auf das Festland.
ein wenig zäh wie Kaugummi, aber lecker
Unsere Power-Touri-Tour sah als nächstes das Peace Memorial Museum und die Atomic Bomb Victims Hall im Friedenspark von Hiroshima vor. Das Peace Memorial Museum dokumentiert auf sehr beeindruckende Art und Weise die Geschehnisse, die zum Krieg und dem Atombombenangriff führten. Die Bilder und Ausstellungsstücke sind teilweise nichts für schwache Nerven und an verschiedenen Modellen wird einem erst bewusst, wie verheerend das Ausmaß wirklich war.
Hiroshima vor dem Abwurf...
...nach der Detonation

Nachbau der Atombombe
Bilder der Opfer in der Peace Memorial Hall
Mit Einbruch der Dunkelheit war unsere Power-Touri-Tour vorbei und mit knurrenden Magen suchten wir ein Restaurant um ein herzhaftes Okonomiyaki essen zu können. Hiroshima ist für seine leckeren Eierpfannekuchen mit Nudel, Gemüse, Fleisch und Meeresfrüchte Füllung bekannt.

Okonomiyaki - japanische Pizza mit Mayonnaise
Nach knapp 50 Stunden ohne Bett und einem zehn stündigen Busritt zurück kamen wir total ermüdet aber glücklich wieder in Oita an. "Ausschlafen kann man auch wann anders..." "Wer brauch schon Schlaf? Wird allgemein viel zu überbewertet..."
man sieht den fehlenden Schlaf uns garnicht an;-)

1 Kommentar:

  1. Cooler Bericht! Ich habe das Gefühl live dabei gewesen zu sein!
    Gruß, bis morgen beim Vokabeltest
    Philipp

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